7. Winteropen Berlin

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Das 7. Internationale Winter Open des SC Zugzwang Berlin e. V. fand letztes Jahr zwischen Weihnachten und Sylvester (27.12 – 30.12.2013) statt. Die Bezeichnung Winter Open mutet ein wenig merkwürdig bei Temperaturen im positiven zweistelligen Bereich – 10 Grad und mehr zeigte das Thermometer an. Das Turnier ist im Berliner Schachleben mittlerweile eine feste Institution und es zieht Schachfreunde von Nah und Fern – 9 Nationen - an. Begünstigt durch den Wegfall des Winterturniers in Potsdam konnte dieses Jahr mit ca. 140 Schachbegeisterten ein neuer Teilnehmerrekord aufgestellt werden. Entgegen der letzten Jahre war die Spitze diesmal nicht so stark besetzt (kein GM). Die jüngste Teilnehmerin war gerade 5 Jahre und der älteste Teilnehmer um die 80 Jahre jung. Das Turnier gewann mit 6 aus 7 Punkten IM Ralf Schöne vor IM Drazen Muse und IM Ulf von Hermann.

 

Bei der 7. Auflage nahm ich erstmals am Turnier teil. Die Lust am Schachspielen, die Entzugserscheinungen aus drei Jahre ohne auswärtige Turnierteilnahmen und die gute Turnieratmosphäre bewogen mich zur Teilnahme Ich war hoch motiviert und wollte eine gute Turnierleistung abliefern und vielleicht einen Ratingpreis ;-) ergattern. Ratingpreise sind in Berlin und Brandenburg bei Schachturnieren Gang und Gäbe, locken sie auch schwächere Spieler zum Turnier. Ich kann bereits vorwegnehmen das beide Ziele verfehlt wurden, wenn auch nur knapp. Gestartet als Nummer 95 der Setzliste mit einer DWZ von 1663 war ein Mitspielen um den Turniersieg eine Utopie, ein Platz mit Mittelfeld bei günstigen Bedingungen möglich und eine Platzierung am Ende des Feldes fast ausgeschlossen. Bei dieser DWZ warten standardmäßig immer ein Kracher und die schwarzen Steine zu Turnierbeginn auf mich.

 

In der ersten Runde spielte ich mit Schwarz gegen Harald Fietz von SK International Berlin. Seines Zeichens Jungtrainer bei seinem Verein und DWZ 1889 bzw. Elo 2055 schwer. Keine leichte Aufgabe, aber an einem guten Tag durchaus lösbar. Es sollte die Rossolimo-Variante werden und ich kannte mich mal wieder nur grob in der Eröffnung aus. Nach sechs Zügen war es mit meinen Theoriekenntnissen (6. Le2) erledigt und ich musste improvisieren. Nach 16. exd5 ergab sich die folgende Stellung:

 

 

Die temporäre Gabe des Bauern war zwar nicht geplant, hatte aber in dieser Stellung durchaus Charme und ermöglichte mir meine Stellung durch Txe1 und Lf5 zu verbessern.

 

Wenige Züge später bot ich in dieser Stellung nach 24. … Te6

 

 

remis an. In dieser Stellung fühlte ich mich ganz wohl, wobei mir nicht klar war wie ich die Partie gewinnen soll bzw. will. Der Springer auf a5 steht ziemlich schlecht und auch der Läufer auf b2 gaben keine glücklichen Figuren ab. Mein Gegner lehnte aber das Remisangebot ab und spielte 25.f3. Es folgte Lb8 und ich gewann den Bauern.

 

Nach 31.Kf1 hatte ich eigentlich meine Wunschstellung erreicht und wollte nur noch sicher die Partie gewinnen.

 

 

Ich fand aber mit Le5 einen logischen aber sehr schwachen Zug. Der Vorteil war dahin. Der Rechenknecht findet alle möglichen Züge zum Gewinn (z. B. g5; h5 oder De6). Wir spielten dann noch 12 Züge weiter und landeten nach Figurentausch in einem ungleichfarbigen Läuferendspiel. Das Remis wurde mir dann gegeben.

 

Über die zweite Runde legen wir lieber den Mantel des Schweigens. Aber ich will euch die Ereignisse nicht vorenthalten. Die Auslosung bescherte mir mit Vitalij Major von SC Kreuzberg einen Spieler mit Elo 2190 und DWZ 2118. Ich hatte die weißen Steine und versuchte mein Glück mit Bird-Stonewall. Bereits nach 14 Zügen zog ich mächtig fehl in dem ich die Springer auf e4 tauschte.

 

Es folgte dxe4 15.Lc2 a5 und ich fand mit 16.b3 den Zug, der die Partie im Nu verliert. Nach 10 weiteren Zügen streckte ich die Waffen und gab auf.

 

Ich hattte „sensationell“ 0,5 Punkte aus zwei Partie und anstatt eines leichten Gegners bekam ich den nächsten Kracher vor die Nase gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt zweifelte ich am Auslosungssystem. In der dritten Runde spielte ich also mit Schwarz gegen Manfred Wolf (Elo 2118, DWZ 1862) von Berolina Mitte. Es folgte die Sokolski-Eröffnung und ich erwiderte mit der derzeit beliebten holländischen Verteidigung. Irgendwas ritt mich an diesem Morgen und ich wollte mir unbedingt anschauen, ob man nach 11 Zügen nicht einen Turm opfert und dafür die Damen fangen kann.

 

Stellung nach 11.Dxf3

 

Ich spielte nun Sa6 anstatt c6 und es folgte 12.Db7 e5 13.Sc6. Nun spielte ich Sb8 und gab bei vollem Bewusstsein meinen Turm. Dass diese Stellung dieses „Turmopfer“ nicht hergibt, wollte einfach nicht in meinen Kopf. 14 Züge später gab ich dann auf. Ernüchtert und verärgert über meine eigene Dummheit und Fahrlässigkeit mit solch einer Stellung umgegangen zu sein spazierte ich erst mal 3 Stunden durch Berlin-Pankow. War ja schließlich noch viel Zeit bis zur nächsten Runde.

 

Neue Runde neues Glück. In der vierten Runde spielte ich mit den weißen Steinen gegen Lars Petersen (DWZ 1131) von „Glück auf“ Rüdersdorf. Da mir meine standardmäßige Bird-Variante auch gegen schwächere Gegner nicht viel bringt, wählte ich die klassische Bird-Variante mit b3 und Lb2. Mein Gegner enttäuschte mich nicht und produzierte bereits nach 7 Zügen einen kapitalen Bock, der mir sogleich die Qualität bescherte.

 

Er spielte in der Stellung Dd7.

 

Doch anstatt sofort die Waffen zu strecken spielte mein Gegner weiter. Ich war irgendwie leicht genervt, aber es war auch verständlich das er verspielt. Erst drei Stunden und 33 Züge später sollte ich Schachfreund Petersen mattgesetzt haben. War keine Glanzpartie, aber wenigstens einen Punkt aus dem Tag mitgenommen.

 

Der dritte Turniertag wurde für mich zur Damenwahl. OK, meine Gegnerinnen dürfte ich mir nicht auswählen, daher passt der Begriff nicht ganz. Girls` Day ist wohl die bessere Bezeichnung. Den Beweis liefert unsere beliebte Online-Enzyklopädie, die den Girls` Day als „einmal im Jahr stattfindender Aktionstag, der speziell Mädchen und Frauen motivieren soll, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen“ definiert. Genug der Klugscheißerei an dieser Stelle.

 

Elisa Silz hieß meine erste Gegnerin dieses Tages. Sie spielt für den SV Empor Berlin und hatte mit Elo 1937 und DWZ 1785 spielstärketechnisch einen leichten Vorteil. In der fünften Runde spielte ich zur ihrer Überraschung den holländischen Stonewall. Schließlich muss man seinen Gegner auch mal Kai aus der Kiste mäßig überraschen.

 

Nach 12. 0-0 fühlte ich mich in dieser Stellung ganz wohl.

 

Schwarz ist zwar standardmäßig schlecht entwickelt, aber in der Stellung folgt mit e5 die Öffnung des Zentrums und man kann als Nachziehender durchaus mitspielen. Es folgten 13. Lxe5 fxe4 und mein Remisgebot. Ich wollte einfach mal ihre Reaktion testen und einen richtigen Plan hatte ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht.

 

Drei Züge später hatten wir diese Stellung erreicht.

 

Weiß hat seine Figuren nun fast alle in den ersten drei Reihen und Schwarz verfügt über ein gutes Figurenspiel. Ich fühlte mich wohl mit meiner Stellung. Es folgte 17. Tf2 Dg3 und nun hat Weiß Probleme seine Stellung zu halten.

 

Der nächste schwache Zug sollte wenige Züge später folgen.

 

20. g4

 

In der Analyse sprach meine Gegnerin davon, dass ihr klar war das sie hier zocken müsste. Den Einschlag des Springers auf g4 nahm sie in Kauf. Es folgten nun 22. hxg4 Txf2 23. Kxf2 und ich fand in dieser Partie mit Lxg4 meinen ersten schwachen Zug. Das Schach durch Tf8 habe ich in meiner Berechnung als zwingend gesehen, aber am Brett ritt mich irgendwas zu Lxg4. Der schöne Vorteil und meine gute Laune waren fast dahin. Schach kann manchmal so einfach sein.

 

Zehn Züge (34. g4) später hatte wir diese Stellung auf dem Brett:

 

Ich fand mit Dg3 den fast schwächsten Zug und verdarb mir endgültig meinen Vorteil. Es folgten 35. Dxg3 hxg3 36.Sg2 a6 37. Kd2 Kf7 und wir landeten in dieser Stellung

 

 

In dieser Stellung bot ich Remis und sie nahm an. Wir hatten beide nur noch ca. 5 Minuten auf der Uhr und waren von dieser Partie erschöpft. Eine Berechnung des Endspiels fiel uns beiden schwer und keiner wollte mehr etwas riskieren. Zu schlecht war unser Spiel gewesen, wenn auch die Partie sehr interessant war.

 

In verschiedenen Analysen und unter Zuhilfenahme des Rechenknechts bekamen wir nicht raus, ob dieses Endspiel für eine Seite zu gewinnen ist oder nicht.

Daher meine Frage an die Experten unter euch: Wie ist dieses Endspiel zu bewerten? Kann Weiß oder Schwarz gewinnen bzw. können beide?

 

Erschöpft von der Partie und mit nur kurzer Mittagspause schaute ich auf die Auslosung. In der sechsten Runde wartete die nächste Gegnerin auf mich. Betreut wurde sie bei dem Turnier von meiner Mannschaftskameradin von Eintracht Berlin. Die Schachwelt in Berlin und Brandenburg ist doch recht klein. Die Bezeichnung „junges Talent“ passt an dieser Stelle in meinen Augen ganz gut. Die DWZ mit 1173 noch recht schmal auf der Brust, aber kann ja noch werden.

 

Ich spielte wieder das klassische Bird und irgendwie wollte die Spielerin vom SV Briesen keinen Eröffnungspatzer einstreuen.

 

Nach 13. … Dd7 hatten wir diese Stellung erreicht

 

 

Ich gebe zu: Es sieht ein wenig merkwürdig aus, aber es ist durchaus spielbar. Der weiße König hat auf h1 eine leicht luftige Stellung und das Feld g2 hat gewisse Schwächen. Dafür sind alle Figuren entwickelt und das Zentrum ist auch meines. Es folgte 14. Se5 mit der Idee die Damen zu tauschen und mein Figurenspiel zu verbessern. Nach 14. … Dd6 und der einfachen Wiederholung der Stellung spielte ich 17. De1 und es kam 0-0-0. Nach 17 Zügen kam der Patzer auf den ich gewartet und gehofft habe. Das Sdc4 leicht zu finden war und Weiß auf die Gewinnerstraße passte mir dann ganz gut. Den Rest der Partie erspare ich euch an der Stelle. Gab eh nicht mehr viel zu sehen, außer dass ich noch 19 Züge bis zum Matt brauchte und mich unnötig abmühte.

 

Der Girls` Day war damit auch überstanden und ich hatte von den Damen immerhin 1,5 Punkte erhalten. Die volle Ausbeute wäre mir zwar lieber gewesen, aber ich wollte auch nicht herzlos sein. Es sind schließlich junge Damen und die muss man(n) schließlich nett behandeln

 

In der siebten und damit letzten Runde bekam ich es mit Rene Lasschuit (ELO1835 und DWZ 1667) von Berolina Mitte zu tun. Der erste Gegner bei diesem Turnier auf meinem spielerischen Niveau. Dachte ich zumindest vor der Partie.

 

Bereits nach fünf Zügen machte ich einen Eröffnungsfehler.

 

In dieser Stellung spielte ich mit Schwarz Ld6. Eigentlich gehört bei diesem Aufbau mit d3 der Läufer nach e7. Der Grund ist relativ einfach, es droht mit Vorbereitung e4. Der Läufer braucht nicht nochmal gezogen werden, weil die Gabel auf e5 nicht mehr droht.

 

Gezwungener Maßen habe ich den Läufer dann einige Züge später nach e7 gestellt. In der Stellung im Diagramm war der letzte Zug 12. b4.

 

 

Meine Überlegung mit g4 eine Verbesserung meiner Stellung zu erzeugen ging leider nur bedingt. Ich spielte nach 13. Sh5 g4. Nach 14. Sd2 nahm ich nicht auf b4, sondern spielte Sc6 in der Annahme dass er seinen Läufer nicht gegen meinen Springer tauschen würde. War wohl falsch gedacht. Der Spieler von Berolina Mitte nahm dann auch noch meinen Bauern auf c5 und ich gieriger Kerl nahm fast ohne Nachdenken mit dem Läufer auf c5 zurück. Der Rechenknecht bietet wieder eine ganze Menge anderer Züge an. Das Problem ist das Schach des Springers auf f6 und die Öffnung der F-Linie.

 

Meine Idee hier mit Lf7 war, dass ich die Öffnung der H-Linie nicht wollte und ich Se4 als unangenehm empfand.

 

Es folgten 19. fxg4 Lxf6 und 20. exf6 Dxf6. Das Se4 jetzt folgte gefiel mir natürlich gar nicht, aber Weiß will gewinnen. 21. Se4 Dg6 und 21. Tb1.

 

 

In dieser Stellung hatte ich noch etwas Hoffnung gehabt, aber berechtigt war sie nicht. Ich stehe mit Schwarz einfach nur auf Abriss und finde den nächsten schlechten Zug 22. … Sd7. Die Gewinnführung für Weiß gestaltet sich jetzt sehr einfach. Zur Vollständigkeit hier die letzten Züge

23. Sd6+ Ke7

24. gxf5 exf5

25. Sxf5+ Kd8

26. De1 c5

27. De7+ und ich gab auf.

 

Zufrieden kann ich mit dem Turnier zum Teil sein. Drei Partien waren total unter Wert bzw. hatten nicht viel mit Schach eher mit „Experimentalschach“ zu tun. Der Rest war ok. Meine Vereinskameraden von Eintracht Berlin bzw. der Ex-Eintrachtler haben für ihre Verhältnisse ganz solide gespielt, wenn auch niemand wirklich zufrieden mit seiner Leistung war bzw. sein konnte. Immerhin wurde ich bester Spieler für Offenburg (weil der einzige Teilnehmer) und bester Eintrachtler.

 

Hier meine Ergebnisse in der Übersicht:

 

Runde

Farbe

Gegner

ELO / DWZ

Ergebnis

1

Schwarz

Fietz,Harald

2055 / 1889

0,5

2

Weiß

Major,Vitalij

2190 / 2138

0

3

Schwarz

Wolf,Manfred

2118 / 1945

0

4

Weiß

Petersen,Lars

-       / 1131

1

5

Schwarz

Silz,Elisa

1937 / 1785

0,5

6

Weiß

Heinrich,Juliane

-       / 1173

1

7

Schwarz

Lasschuit,Rene

1835 / 1667

0

Mein Dank gilt allen Helfern und Organisatoren des Turniers.


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